Die Grabdenkmäler

Zahlreiche Grabsteine und Epitaphien erinnern an fromme Stifter, Angehörige des Klosters und Mitglieder der Barfüßergemeinde.

Hier zeigen wir Ihnen eine Auswahl. Der komplette Katalog aller bekannten Grabdenkmäler ist in unserer Schriftenreihe fioretti, Heft 3 (2021) veröffentlicht worden.

Katalog aller bekannten Grabdenkmäler in: fioretti Heft 3 (2021) [70 MB]
fioretti3-2021.pdf

Grabmal für Erzbischof Gerhard I. von Dhaun († 1259)

Das älteste erhaltene christliche Grabdenkmal in Erfurt zeigt einen stehenden Bischof mit Krummstab auf vertieftem Reliefgrund. Die Inschrift in vertieften Unzialen ist im unteren Bereich fast vollständig verloren.

Gerhard I. war Mainzer Erzbischof und verfügte vor seinem Tod in Erfurt, daß er bei den Barfüßern begraben werden solle.

Die Reliefplatte war mit hoher Wahrscheinlichkeit die Deckplatte einer Tumba, deren Seitenplatten nicht mehr erhalten sind. Möglicherweise wurde diese beim Kirchenbrand 1291 so stark beschädigt, daß sie nicht wiedererrichtet werden konnte. In der Südostecke des Langhauses eingemauert überdauerte die Platte; die Oberfläche ist durch Abschlagen und Überputzen allerdings stark beschädigt. Das völlig in Vergessenheit geratene Grabmal wurde erst nach der Zerstörung des Langhauses im Zweiten Weltkrieg wiederentdeckt.

Im 2. Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wurde die Oberfläche im Rahmen von Projektwochen der Fachhochschule Erfurt - Konservierung und Restaurierung - unter Leitung von Prof. Thomas Staemmler konserviert.

Im Frühjahr 2023 konnte die Platte aus der Mauer entfernt und in den Hohen Chor gebracht werden.

Grabmal für Cinna von Vargula († 1370)

Die Wappen zu Seiten des Kopfes gehören den Familien Ziegler und von Vargula. Die Umschrift in erhabenen gotischen Minuskeln lautet: *Anno Dni M c c c l x x feria quarta ate lucie o Cine que fuit filia frederici de varila et uxor rudolfi filii giseleri zcigeleres - Im Jahre des Herrn 1370, am Mittwoch vor [dem Tag der heiligen] Lucia starb Cinna, die die Tochter des Friedrich von Vargula und die Ehefrau Rudolfs, des Sohnes von Giselher Ziegler, war.

Die Grabplatte ist eines der Meisterwerke der Erfurter Plastik der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Sie gibt die frontale Gestalt der wohl in relativ jungen Jahren verstorbenen Cinna gleichsam im Schwebezustand zwischen Idealität und Gegenwärtigkeit; sie erscheint anmutig und kraftvoll, hoheitsvoll und gelassen,
individuell und überpersönlich zugleich.

Auf einer profilierten Konsole stehend (wie die jeweils drei Figuren des Grabmales eines Grafen von Gleichen im Dom und der Deckplatte des Severi-Sarkophages), die Füße unter dem schleppenden Faltenstau des langen Kleides verborgen, steigt die sehr schlanke Gestalt, in nur mäßig hohem Relief gearbeitet, straff aufwärts. Die Hände sind betend vor dem Oberkörper zusammengelegt, die Arme fest in das Manteltuch eingebunden; das schmale, ovale, lächelnde Gesicht ist von dem gerüschten Kruseler umrahmt. Feinfühlig und überlegt ist die Gestalt ausponderiert, die starre Symmetrie gelockert, werden Stand- und Spielbein und die nur leichte Verschiebung des Oberkörpers spürbar. Die zeichnerische, pointierte Faltensprache von Kleid und Mantel betont den organisch-funktionalen Aufbau des Körpers und seine Plastizität im Wechselspiel von Verhüllen und Freilegen, besonders eindringlich in der Art, wie kreisende Falten den Leib markieren oder sich die Schultern unter den Säumen des Kruselers runden. Rhythmisch belebend sind Details zu den großen Formen gefügt: die strukturierte Rüsche des Kruselers, die Brosche, die Knöpfchen an den Ärmeln, die sensible, sietlich sich schlängelnde Saumlinie des Mantels. Ebenso stehen in der Gesamtanlage der Platte die Figur, die Wappen und die sorgfältig gemeißelte und nur wenig erhabene Schrift in einem rhythmischen, genau ausgewogenen Verhältnis zur Fläche und zueinander, so daß sich die Gestalt auf der Platte frei behaupten kann und doch gleichzeitig von Wappen und Schrift gerahmt wird.

Die Grabplatte ist sicher sogleich nach dem Tod der Cinna gearbeitet worden. Der unbekannte Meister war vertraut mit den plastischen Ausdrucksmöglichkeiten der Zeit nach der Jahrhundertmitte, seine Auffassung wurzelte aber noch im gotischen Figurenideal. Seine Werke tragen den Stempel einer außergewöhnlichen stilisierenden Formkraft.

Grabmal für Albert von Beichlingen († 1371)

Umschrift in erhabenen gotischen Minuskeln: + Ano Dni M° C C C° LXX° I° v ydus aprilis obiit reverendvs in xpo pater et dns domnus albertus de bichelingin yppvsensis ecclesie epus cui' aia requiescat i pace amen + - Im Jahre des Herrn 1371, an den 5. Iden des April (9. 4.) starb der ehrwürdige Pater in Christus, Herr Albert von Beichlingen, Bischof der Kirche von Hippo, dessen Seele in Frieden ruhe, Amen.

Der Bischof mit Bischofsstab und Buch in den Händen ruht in einer rechteckigen Nische, der Kopf ist auf ein Kissen gebettet. Unter dem Bischofsmantel trägt er die Kutte der Franziskaner mit der Knotenschnur um die Hüften. Zu seinen Füßen befindet sich das Beichlingsche Wappen und ein Topfhelm als Helmzier.

Grabmal für Christian von Hyddestorph († 1420)

Der Geistliche ist in vertiefter Linienzeichnung unter einem Dreipaß stehend dargestellt. Der Stein war ursprünglich im Chor links vom Hochaltar in den Fußboden eingelassen. Die Umschrift in vertieften gotischen Minuskeln lautet: Anno domini m cccc xx° sabbato i .... fra octavas pasche obiit revendvs pater fr. cristian' de hyddgstorph sacre theologie pfessor - Im Jahre des Herrn 1420, am Sonnabend der Osteroktav starb der ehrenwerte Pater Fr. Christian von Hyddingstorph, Professor für Theologie.

Grabmal für Margareta von Myla († 1494)

Das Stück gehört zu einer Reihe von Epitaphien mit der Dar­stellung der Mondsichelmadonna, die in Erfurt um 1500 entstanden sind. Auch dieser Stein befand sich bis zum Kriege in der von der Sachsenschen Kapelle. Die Umschrift aus erhabenen gotischen Minuskeln: Anno dni m° cccc° xciiii° vigia ephie ist vschide die erbar fraw margreta vo myla geporn des gestrenge hans vitzthumps zu appolde husfraw des voreltern dises klosterz stiffter sint de got unt alle sele gnade a[men].